Über das Geben und Nehmen in der Bookbubble
Über das Geben und Nehmen in der Bookbubble
Lange habe ich mit mir gehadert, ob ich das Thema auf den Tisch bringen soll, das immer wieder brandheiß diskutiert wird und dabei so explosiv wie ein Munitionslager ist. Da es jedoch alle in der Bookbubble betrifft – also auch mich –, greife ich es nun doch auf: die Zusammenarbeit zwischen Bloggenden und Schreibenden …
Für jemanden wie mich, der seine Werke ohne stützenden Verlag im Rücken vermarkten möchte, sind Bloggende ein unumgänglicher Schritt, ein Muss.
Schließlich wird wohl niemand ein Buch kaufen, zu dem keine einzige Rezension hinterlegt ist – im Idealfall eine, die eine klare Kaufempfehlung ausspricht.
Gute Bewertungen sind das Aushängeschild aller Schreiberlinge, der Köder, der die Beute in Form von potenziellen Lesenden anlockt und dabei leise Kauf mich flüstert.
Um ein Buch an den Mann bzw. an die Frau zu bringen, sind sie wohl die schönste Werbung. Je mehr vorhanden sind, desto besser.
Damit Kaufwillige jedoch überhaupt erst einmal auf ein Werk aufmerksam werden – schließlich schwimmen viele Fische im literarischen Meer –, müssen zunächst die Leute her, die sie schreiben.
Bloggende sind die guten Feen in der Autorenwelt – wenn man denn von ihrer Existenz weiß.
Ich hatte am Anfang meines Schreiberling-Daseins so viel Ahnung von der Selfpublishing-Welt wie von Mathematik – null. Okay – zugegeben – das kleine Einmaleins bekomme ich noch hin. Doch der Ablauf bei einer Veröffentlichung in Eigenregie war ein Buch mit sieben Siegeln für mich – ein Kosmos, in dem ich mich erst einmal zurechtfinden musste.
Ich hatte keinen Schimmer, wie der Hase läuft. Weder wusste ich, was ein Cover Release ist, noch was Textschnipsel sein sollen. Ich hatte ja nicht einmal einen Instagram-Account. Woher sollte ich dann ahnen, dass ich Bloggende brauche?
Und dann ging’s los – natürlich um Längen zu spät, doch wollte ich nichts unversucht lassen.
Ich bekam den Tipp, mich auf der Plattform Storrie zu registrieren – die mittlerweile vom Netz gegangen ist –, um nach passenden Bloggenden zu suchen. Gesagt, getan.
Tatsächlich meldeten sich daraufhin Interessentinnen – was mich irre freute. Auch über Instagram kamen ein paar hilfsbereite Leute zusammen, sodass ich etwa siebzehn Bloggerinnen an der Hand hatte.
Entzückt und gutgläubig verließ ich mich darauf, dass Geben und Nehmen auch in der Bookbubble selbstverständlich seien. Immerhin sprechen wir von einem simplen Prinzip: Rezensionsexemplar gegen Bewertung. Ich orderte also eine entsprechende Anzahl an Printbüchern, erstellte noch ein paar süße Goodies, verpackte und verschickte alles und erwartete innerhalb von sechs bis acht Wochen eine entsprechende Bewertung – leider in manchen Fällen vergebens.
Von siebzehn Bloggerinnen haben fünf nicht Wort gehalten und mich hängen gelassen – und das ist noch ein gutes Ergebnis. Ich weiß von anderen Autorinnen, dass die Zahl an ausbleibenden Rezensionen deutlich höher ausfallen kann – was mich fassungslos und traurig zugleich macht.
Es ist nämlich nicht nur das Geld – das ich a) umsonst investiert und b) nicht im Überfluss habe –, das futsch ist. Es ist die Riesenenttäuschung, die zurückbleibt und einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt.
Ich muss gestehen, dass ich bei den Bloggerinnen, die nichts mehr von sich hören ließen, lange gezögert habe, sie anzuschreiben und nachzufragen, wo es denn hakt. Auf der einen Seite wollte ich nicht als nervige Selfpublisherin rüberkommen, die anscheinend keine Ahnung hat, wie lange das Lesen eines Buches und das Verfassen einer Rezension dauern kann. Auf der anderen Seite war es so, dass ich mich schlichtweg nicht getraut habe – aus Angst, eine schlechte Bewertung aufs Auge gedrückt zu bekommen.
Nachdem ich mich dann bei wenigen doch dazu durchgerungen hatte, freundlich nachzuhaken, wurde ich einfach geghostet. Bis heute habe ich keine Antwort erhalten.
Zunächst dachte ich, dass das nur mir Dummchen passiert wäre, doch die Erfahrungsberichte häufen und decken sich oft bis ins kleinste Detail.
Natürlich fällt es ohne Rückmeldung schwer, zu schlussfolgern, warum die Rezensionen ausgeblieben sind – ich kann lediglich spekulieren.
Möglicherweise hat die Verlockung den SuB, der schon viel zu hoch war, einfach überstimmt. Vielleicht stecken aber auch persönliche Gründe dahinter – ich möchte niemanden fälschlicherweise verurteilen.
Aus eigener Erfahrung weiß ich jedoch, dass es auch anders laufen kann. Nach meiner zweiten Veröffentlichung haben mich zwei Bloggerinnen umgehend kontaktiert, dass sich ihre Rezensionen aus nachvollziehbaren Gründen verspäten – genau das, was ich mir zuvor auch gewünscht hätte: eine klitzekleine Nachricht, damit ich weiß, was los ist. Schließlich kann immer das Leben – das klar an erster Stelle steht – dazwischenfunken.
Bleibt die Info jedoch aus, entsteht schnell Frust auf Seite der Schreibenden – die sich ebenfalls nicht immer mit Ruhm bekleckern.
Ich habe von einigen Bloggerinnen gehört, dass es Schreiberlinge gibt, für die eine Negativkritik ein Grund ist, eine Mobbingoffensive zu starten. Ein persönlicher Rachefeldzug, in dem sogar eine Blockierung von Nöten sein kann – und nicht nur das.
Vor wenigen Wochen entdeckte ich in einem Insta-Beitrag eine in Tränen aufgelöste Bloggerin, die von einem mittlerweile unmenschlichen Umgang innerhalb der Bookbubble berichtete. Davon, welche rüden Nachfragen sie von Schreibenden erhalten habe, obwohl sie inmitten einer persönlichen Krise steckte.
Du lieber Himmel … Ich muss sagen, dass mich solche Aussagen wirklich schockieren und sprachlos zurücklassen. Wo ist der Respekt, die Empathie hin? Eigenschaften, die im täglichen Miteinander – so auch bei Social Media – selbstverständlich sein sollten.
Doch es ist nicht das erste Mal, dass mir auffällt, wie sehr sich die Gesellschaft fleißig darin übt, zu verrohen. Werte wie Rücksichtnahme, Anstand, Feingefühl und Anerkennung sind nur noch rar gesät oder fallen gänzlich hinten über.
Mir persönlich wird das beispielsweise oft dann bewusst, wenn es um Kritik geht. Jede Rezension, nach der wir im Selfpublishing lechzen, ist eine Form von Wertung – egal, ob gut oder schlecht. Doch offensichtlich scheint genau diese mittlerweile ein sehr dehnbarer Begriff zu sein.
Ich habe einst gelernt, dass Kritik immer konstruktiv, sachlich und hilfreich sein sollte. Zugegeben – Einwände perlen nicht wie Wasser an mir ab, sie kratzen schon am Ego. Nichtsdestotrotz brauche ich sie.
Kritik hat erfahrungsgemäß den wunderbaren Effekt, auf Fehler hinzuweisen, die mir gar nicht bewusst sind. Darüber hinaus spornt sie mich an, das Beste aus meinem Schreiben herauszuholen.
Es gibt jedoch Menschen, die den Ausdruck missbrauchen und Kritik als Vorwand benutzen, um andere zu diskreditieren – welche Gründe sie auch immer dazu antreiben.
Wenn eine Rezension also allein darauf abzielt, ein Buch schlecht zu machen, handelt es sich nicht mehr um eine parteilose Beurteilung, sondern um eine Vernichtung.
Mir ist das leider passiert. In der Zusammenarbeit mit den Bloggerinnen bin ich auf zwei gestoßen, denen es schwerfiel, objektiv zu bleiben. Bei der einen war klar ersichtlich, dass es in ihrer Rezension nur darum ging, mein Buch zu verreißen – wobei manche Details sogar falsch dargestellt wurden.
Bei der anderen stand hingegen die eigene Sichtweise im Vordergrund und mit ihr die persönliche Abneigung gegenüber den Entscheidungen, die meine Protagonistin getroffen hat – inklusive Spoileralarm.
Wären die Rezensionen Gegenstand einer Deutschklausur, würde das Fazit wahrscheinlich Thema verfehlt lauten.
Natürlich kann ich als Autorin nicht erwarten, dass allen gefällt, was mein oft verworrenes Gehirn zu Papier bringt. Nicht alle Figuren sind den Lesenden sympathisch, und auch die Wege, die sie einschlagen, sind womöglich nicht immer nachvollziehbar. Vielleicht trifft ein Buch auch nicht den persönlichen Geschmack, was vollkommen in Ordnung ist – solange die Kritisierenden dabei neutral bleiben. Entscheidend sind nämlich die objektiven Faktoren, die in eine Bewertung einfließen sollten.
Wenn eine schlechte Kritik erst einmal in der Welt ist, kann sie nicht so leicht zurückgenommen werden. Sie ist für jeden sichtbar – egal, ob sie nun gerechtfertigt ist oder nicht. Im Gegensatz zur verfehlten Deutschklausur folgt hier keine Konsequenz.
In meinem Fall ist eine der miesen Rezensionen als Ein-Stern-Bewertung beim großen A gelandet – ohne mein Wissen und ganz sicher ohne mein Wollen.
Dabei bin ich leider keine Ausnahme. Immer wieder stoße ich auf die undankbarste aller Bewertungen – oft ohne großartige Begründung. Und falls doch eine Erklärung angegeben wird, sorgt diese nicht selten für Haareraufen.
Doch warum ist das so? Was veranlasst Menschen dazu, einem anderen solch eine Schmach zuzufügen?
Um noch einmal auf meine obige Ausführung zurückzukommen: Nein, ein Buch wird garantiert nicht allen gefallen. Dafür sind unsere persönlichen Geschmäcker einfach zu verschieden. Doch rechtfertigt dies, nur einen Stern zu vergeben?
Ganz klar: Nein.
Alle Schreibenden stecken wertvolle Zeit, Geld und vor allem Herzblut in die eigene Geschichte. Oft fließen sogar nicht nur Schweiß und Tränen in das Buch, sondern Jahre. Im Selfpublishing müssen wir uns darüber hinaus allein durch den Veröffentlichungsprozess kämpfen.
Als ich mein Debüt schließlich zum ersten Mal als gedruckte Ausgabe in den Händen halten durfte, war das ein unbeschreibliches, nicht greifbares Gefühl für mich. Ich war unglaublich stolz und demütig – und voller Erwartungen. Man möchte sein Werk mit der Welt teilen und ist gespannt auf die Meinungen der Lesenden.
Wenn man in dieser Euphorie mit unangebrachter Kritik oder gar einer Ein-Stern-Bewertung konfrontiert wird – welcher Auslöser auch immer dafür verantwortlich ist –, gleicht das einem Schlag ins Gesicht, der Zerstörung eines jahrelangen Traums.
Genauso unangebracht ist es, einen Kreuzzug gegen Bloggende zu starten, nur weil eine Rezension nicht innerhalb von wenigen Wochen vorliegt oder diese – obwohl sie objektiv war – nicht so ausfällt, wie man es sich als Schreibender gewünscht hat. Nichts rechtfertigt einen darauffolgenden Vergeltungsschlag.
Bloggende supporten Schreibende, sie geben unbekannten Schreiberlingen eine Bühne. Dabei investieren sie nicht nur Zeit und Arbeit, um Bücher vorzustellen – die ohne ihre Unterstützung höchstwahrscheinlich unsichtbar bleiben würden –, sie machen dies aus Leidenschaft.
Geben und Nehmen sollte daher keine Ausnahme, sondern selbstverständlich sein. Wir sollten dankbar sein, dass es Menschen gibt, für die Support an oberster Stelle steht – und die weitermachen, obwohl genau dieser oftmals nicht wertgeschätzt wird.
Eines sollten wir alle nicht vergessen: Egal, ob wir uns nun Bloggende, Schreibende oder Lesende nennen – am Ende des Tages sind wir immer bloß eins: Menschen. Menschen mit Herz, Seele und Gefühlen, die verletzt werden können. Beleidigungen, Wortbrüche oder gar Diskriminierungen haben hier – und anderswo – nichts verloren.
Stattdessen sollten wir alle so behandeln, wie wir selbst behandelt werden möchten: mit Respekt.