Das Selfpublishing – oder wie meine Seifenblase zerplatzte

Karlie Lennox • 1. Oktober 2024

Das Selfpublishing – oder wie meine Seifenblase zerplatzte

Wer mich gut kennt, weiß, dass ich nicht unbedingt zu der Sorte Mensch gehöre, die als naiv bezeichnet wird. Ich neige zu Optimismus, ja, dennoch verliere ich die Realität nie aus den Augen. Eigentlich …

Denn auch für mich gibt es Themen, die mich ins kindliche Träumen befördern. An erster Stelle das Schreiben.

Dann hocke ich auf einer rosaroten Wolke und blicke mit Herzchen in den Augen auf die Welt hinunter. So erging es mir zumindest, bevor ich mein erstes Buch veröffentlicht hatte.

 

Schon immer habe ich es geliebt, mich in meiner Fantasie zu verlieren. Das Leben lief manchmal nicht so toll? Egal, ich habe es einfach toll werden lassen, indem ich meine innere Leinwand angeschmissen habe. Dank meiner Vorstellungskraft konnte ich alles sein: Prinzessin, die Freundin diverser Boygroup-Mitglieder, Schauspielerin, Sängerin. Kein Ort war zu weit, kein Ziel zu utopisch. Ich habe Geschichten gesponnen, Dialogszenen, aus denen sich später ganze Buchideen entwickelt haben. Und schließlich sollte das wahr werden, woran ich nie wirklich geglaubt hatte: Nach mehreren ergebnislosen Anläufen, unzähligen Neustarts und verworfenen Versionen war mein erster Roman fertig.

 

Ich erinnere mich, als wäre es gestern gewesen: Ich war so happy über die positive Kritik meiner Lektorin – einer wirklich klugen Frau, auf deren ehrliche und professionelle Meinung ich sehr viel Wert lege.

Fehlte nur noch das passende knallbunte Cover, und schon konnte es losgehen. My little Voice, Dean and me war reif für die Publikation – und ich einem Rausch nahe.

 

Ich entschied mich dafür, mein Buch mittels Selfpublishing-Plattform zu veröffentlichen, und dachte doch echt, dass das ein Spaziergang wird. Nicht die Prozedur der Veröffentlichung, aber der Verkauf.

Es war schon immer mein Traum gewesen, eines Tages ein Buch von mir auf den Ausstellungstischen der Buchhandlungen zu finden. Dort, wo es alle Bücherwürmer hinzieht, stets auf der Suche nach neuem Lesestoff. Wo dich die bunten Cover anlachen und der neugierig machende Klappentext dich schließlich das Portemonnaie zücken lässt.

Und als My little Voice, Dean and me endlich auf dem Markt war, schien mein Herzenswunsch zum Greifen nahe. Ich war so stolz – und so dumm …

 

Wenn ich mir meine vergangene Unbedachtheit noch einmal vor Augen führe, würde ich mich am liebsten selbst schütteln. Die Wirklichkeit hat mich nicht nur eingeholt, sie hat mich wie ein Vierzigtonner überrollt.

Hochmut kommt vor dem Fall, sagt man so schön – denn die Wahrheit ist: Mein Buch wird es wahrscheinlich niemals auf einen der Ausstellungstische schaffen. In den Filialen werden nämlich – in der Regel – keine Prints on Demand ausgestellt. Den Selfpublishern bleibt somit nur die Option, ihre Eigenkreationen online anzupreisen.

 

Tja, da stand ich nun. Mit meinem Traum, der wie eine Seifenblase zerplatzte. Verpufft war das Gefühl des Rausches, der Euphorie. Zurück blieben blanke Ernüchterung und pure Ahnungslosigkeit. Wie sollte ich mit einem Buch Geld verdienen, das die Leser gar nicht zu Gesicht bekommen?

Natürlich haben Family, Freunde und ArbeitskollegInnen es fleißig geordert – wofür ich unendlich dankbar bin –, aber das war’s auch schon.

Mein Baby war zwar endlich auf der Welt, aber unsichtbar. Fieser noch: Es gluckerte im virtuellen Meer der unzähligen Werke immer weiter unter.

 

Nachdem ich mich bei Instagram angemeldet hatte, fiel allmählich der Groschen, woran es beim Verkauf – abgesehen von der fehlenden Präsenz in den Geschäften – haperte.

Ohne Social Media geht es nicht.

Das Eintauchen in die Bubble der Schreib- und Leseliebhaber – eine respektvolle und hilfsbereite Community – kam dem Entdecken einer neuen Welt gleich, die mir ein Licht nach dem anderen aufgehen ließ.

Wenn kein (starker) Verlag hinter dir steht, musst du dich allein um das unliebsame Thema Marketing kümmern (hierzu wird es noch einen separaten Beitrag geben).

Du musst Werbung machen, wo du nur kannst, und bist dabei auf (positive!) Rezensionen von Buchbloggern angewiesen – und zwar viele Rezensionen (yep, Beitrag folgt).

Ohne die verschwindet dein Buch nämlich im Nirvana der Literaturwelt. Je mehr Rezensionen du hast, desto sichtbarer wird es im Netz – für Leser, ergo potenzielle Käufer. Denn ohne die läuft nix und die Kasse bleibt leer.

 

Bei mir war das Kind quasi schon in den Brunnen gefallen. Während andere AutorInnen laaaange vor der Veröffentlichung ordentlich die Werbetrommel rührten, herrschte bei mir Grillenzirpen. Also musste ich alles im Schnelldurchlauf nachholen – und lernte dabei tagtäglich Neues dazu.

 

Regel Numero uno: Du musst vernetzt sein, denn nur über Social Media und das Folgen anderer User erfährst du von Aktionen, die dein Buch pushen könnten. Du knüpfst Kontakte, lernst von anderen, kannst dir vielleicht ein paar Dinge von ihnen abschauen. Denn – sorry, man möge mir verzeihen – ich bin bereits Ü40 und daher nicht mehr so up to date wie früher in meinen Zwanzigern.

 

Fakt ist leider, dass die Welt der Schreiberlinge ein knallhartes Geschäft ist – mit einem Mini-Brotkorb. Ich hätte es niemals für möglich gehalten, aber AutorInnen sind – wenn sie keinen bekannten Namen tragen – arm wie Kirchenmäuse. Ohne Hauptjob kann man sich allein mit Schreiben nicht über Wasser halten – das schaffen lediglich fünf Prozent (ehrlich wahr!). Zunächst verdient die Selfpublisher-Plattform oder der Verlag an dir – erst dann folgst du, und du kannst mir glauben: Da bleibt nicht mehr viel übrig.

Hinzu kommen die Kosten, die du investierst: professionelles Lektorat – wozu ich jedem nur raten kann –, Coverdesign, Werbeartikel (Postkarten, Lesezeichen, Sticker … die Liste reicht unendlich weit, das Geld allerdings nicht).

 

Meine rosarote Wolke hat sich in Luft aufgelöst – schlimmer noch: Sie hat mich über die nicht vorhandene Reling geschubst, sodass ich auf den harten Boden der Tatsachen geknallt bin.

In den vergangenen Monaten habe ich nicht nur lernen müssen, dass das Thema (erfolgreiches) Selfpublishing ein Prozess ist. Es ist ein Wechselbad der Gefühle – eine Achterbahnfahrt, die dich durch berauschende Loopings und ohne Vorwarnung in die Tiefe katapultiert –, eingeklemmt zwischen Bangen und Hoffen.

Der Vergleich mit anderen, die eine Negativrezension, die zwischen den positiven heraussticht und sich in dein Gehirn einbrennt – und schon winken Zweifel und Aufgabe.

 

Es war immer mein Wunsch, mich als Autorin zu etablieren, doch kann ich die Bedenken nicht ignorieren, die allmählich lauter werden.

Schreibe ich gut genug? Hat mein Traum überhaupt eine Chance, Realität zu werden? Oder ist die ganze Arbeit vergebliche Liebesmüh, sodass ich alles hinschmeißen sollte?

Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Ich weiß nur eins: Ich fühle mich wie auf einem verdeckten Minenfeld, das mich bereits kalt erwischt und dabei nicht bloß Spuren auf meiner Seele hinterlassen hat – es hat auch einen Teil der Magie meines Debüts geraubt.

 

Ich habe mein ganzes Herzblut in dieses Buch gesteckt. Es war toll, seine Protagonisten und die Welt zu erschaffen, in der sie leben. Dabei zuzusehen, wie sich ihre Charaktere entfalten und eine Handlung entwickelt, die oft ein Eigenleben zu haben schien. Meine Fantasie in Worte zu kleiden, war das, was ich immer machen wollte, wofür ich immer gebrannt habe.

Nun aber stelle ich fest, dass sich meine Gedanken nicht mehr allein ums Schreiben, sondern in erster Linie um das Thema Marketing drehen.

 

My little Voice, Dean and me verkauft sich immer noch schleppend. Dadurch läuft mein Gehirn heiß, aber ich überlege nicht bloß, wie ich den Verkauf pushen könnte – z. B. welche Aktionen ich mitnehmen oder mit wem ich mich vernetzen könnte. Nein, mein oberes Stübchen wird noch von ganz anderen Sorgen heimgesucht.


Welche Rezension wird diese oder jene Bloggerin meinem Buch geben? Die Angst vor einer weiteren Negativbewertung, die kaum die Verkaufszahlen ankurbeln dürfte, lauert wie ein gefährliches Raubtier im dunklen Hintergrund.

Meine Gedanken kreisen und lassen mich sogar nachts oft nicht mehr schlafen.

 

Ich habe Angst, mich selbst und meinen Antrieb zu verlieren – und dass sich mein Traum in einen Albtraum verwandeln könnte.

Jahre des Schaffens, des Hoffens – mit dem Ergebnis, dass ich mich verlorener denn je fühle. Und das, obwohl ich einen ganzen Roman zu Papier gebracht und es dann auch noch geschafft habe, ihn zu veröffentlichen. Dennoch bleibt da dieser bittere Beigeschmack …

 

Aber hey – ich werde das Schreiben nicht aufgeben. Dafür ist es einfach ein zu großer Teil von mir – das, was mich ausmacht, mich erfüllt. Worte sind meine Leidenschaft, mein Ventil, der Ausdruck meiner Seele. Selbst wenn sie niemand zu Gesicht bekommt, existieren sie – ohne Wertung.

 

Zugegeben: Ich bin extrem dünnhäutig und neige schnell dazu, bei einer Niederlage alles hinzuschmeißen. Und nicht nur das. Darüber hinaus bin ich auch unglaublich ungeduldig – gepaart mit zu hohen Erwartungen. Wenn ich etwas will, dann am besten jetzt sofort. Das ist jedoch beim Thema Selfpublishing nicht unbedingt von Vorteil.

Vielleicht sollte ich dem Ganzen mehr Zeit geben, entspannter an die Sache herangehen und den Druck herausnehmen – gesünder wäre es allemal.

Womöglich wäre es klüger, dem Schicksal zu vertrauen und es einfach machen zu lassen. Wenn es sein soll, wird es sich fügen. Und wenn nicht … habe ich wenigstens ein paar Menschen mit meinen Zeilen zum Schmunzeln gebracht. 


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